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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.02.2001
Aktenzeichen: 1 U 25/00
Rechtsgebiete: BGB, GG
Vorschriften:
BGB § 138 | |
BGB § 723 III | |
GG Art. 12 |
SchlHOLG, 1. ZS, Urteil vom 23. Februar 2001, - 1 U 25/00 -
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
1 U 25/00 4 O 252/99 LG Kiel
Verkündet am: 23. Februar 2001
Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Januar 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung von 20.000,- DM abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Das Urteil beschwert den Kläger in Höhe von
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von den vier Beklagten, mit denen er durch eine Rechtsanwalts- und Notarssozietät verbunden war, vorrangig einen Teilbetrag eines im Sozietätsvertrages für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters geregelten Abfindungsanspruches in Höhe von. Zweitinstanzlich hat er nach erstinstanzlicher Klagabweisung hilfsweise eine Stufenklage auf Aufstellung einer Abschichtungsbilanz und auf (Teil-) Zahlung nach erfolgter Auskunft erhoben. Hilfshilfsweise erstrebt er in zweiter Instanz Schadensersatz, und zwar in Höhe eines Teilbetrages von.
Die Beklagten zu 1) bis 3) und der Vater des Klägers B bildeten ursprünglich eine Rechtsanwaltssozietät, in die zu Beginn der achtziger Jahre der Kläger aufgenommen wurde. B schied 1989 aus der Sozietät aus und ließ sich als Rechtsanwalt und Notar in H nieder. Die übrigen Sozietätsmitglieder setzten die Sozietät fort.
Am 20. Dezember 1995 schlossen der Kläger und die Beklagten zu 1) bis 3) einen neuen Sozietätsvertrag (Bl. 5-12 d.A.), der in § 18 eine Regelung über die Abfindung bei Ausscheiden eines Sozius enthält.
Der Kläger schied durch eigene Kündigung per 31. Januar 1999 aus der Sozietät, in die inzwischen der Beklagte zu 4) eingetreten war, aus. Der Kläger hat nach seinem Ausscheiden die vier Beklagten sowie zwei weitere Rechtsanwälte zunächst mit Klage vom 5. Mai 1999 vor dem Landgericht Kiel - 12 O 153/99 - auf Unterlassung der Führung der Bezeichnung "S und Partner" in Anspruch genommen. Er hat weiter von den Beklagten mit Klage vom 25. Juni 1999 vor dem Landgericht Kiel - 12 O 188/99 - Zahlung von verlangt, und zwar gestützt auf § 18 Abs. 1 a Sozietätsvertrag (Teil des Abfindungsanspruches: Anteil an ausstehenden Honoraren). Der Kläger hat schließlich im September 1999 die vorliegende Klage erhoben, und zwar gestützt auf § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag (Teil des Abfindungsanspruches: Anteil am "Praxiswert").
Der Kläger beantragte nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät, dass er statt bei dem Amtsgericht Rendsburg bei dem Amtsgericht Eckernförde zugelassen werde. Er gab als Kanzleisitz den Kanzleisitz der Rechtsanwälte Sch an. Seine Zulassung beim Amtsgericht Eckernförde erfolgte im März 1999. Im Berufungsrechtszug ist unstreitig, dass der Kläger als Rechtsanwalt ungeachtet seiner Zulassung beim Amtsgericht Eckernförde jedenfalls ab März 1999 schwerpunktmäßig in Rendsburg tätig war (Bl. 179 d.A. i.V.m. Bl. 185 f. d.A.). Im Einzelnen gilt: Der Kläger war zwar in den Gelben Seiten 1999/2000 mit der Anschrift eingetragen, allerdings ohne Hinweis auf die Rechtsanwälte Sch und Kollegen und ausschließlich mit einer Rendsburger Telefonnummer. Im Telefonbuch für Eckernförde und Umgebung 1999/2000 war der Kläger weder unter Sp noch unter Sch und Kollegen aufgeführt. Im Telefonbuch für Rendsburg 1999/2000 war der Kläger mit dem Hinweis Rechtsanwalt und Notar und der Ortsangabe Rendsburg eingetragen. Im Internet war der Kläger bei einer Stichprobe am 14. November 1999 unter dem Stichwort "Marktplatz Recht: Anwaltsauskunft/Anwaltsverzeichnis" nur mit einer Rendsburger Anschrift und einer Rendsburger Telefonnummer zu finden. In seiner homepage nannte der Kläger etwa am 30. Oktober 1999 an erster Stelle eine Rendsburger Telefon- und eine Rendsburger Faxnummer. Der Kläger verfügte schon ab Anfang 1999 über Büroräume in Rendsburg, Thormannplatz, und zwar gemeinsam mit einer Frau J. Auf die Büroräume wiesen zunächst Schilder mit der Aufschrift "S und J - Wirtschaftsdienste -" hin. Spätestens ab 26. November 1999 war ein Schild angebracht, auf dem u.a. "RA. S" stand. Der Kläger führte in den genannten Büroräumen anwaltliche Beratungsgespräche durch. Er veranlasste, dass dort Beurkundungen durch von ihm zugezogene Notare erfolgten. Der Kläger erhielt auf seinen Antrag hin im Januar oder Februar 1999 ein Gerichtsfach bei dem Amtsgericht Rendsburg, aus dem er dann regelmäßig Post abholte oder abholen ließ.
Am 11. Mai 2000 beantragte der Kläger seine erneute Zulassung bei dem Amtsgericht Rendsburg, die nach dem eigenen Vortrag des Klägers im Senatstermin alsbald nach Antragstellung erfolgte.
Der Kläger hat geltend gemacht, dass ihm gemäß § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag ein Abfindungsanspruch "Praxiswert" in Höhe von insgesamt zustehe (siehe zur Berechnung Bl. 2 unten f. d.A.). Er verlange davon einen Teilbetrag von 1/5, also. Die Ausschlussklausel § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag greife nicht ein, da er nicht mehr in Rendsburg, sondern in Eckernförde als Rechtsanwalt zugelassen und auch tatsächlich in der Kanzlei der Rechtsanwälte Sch tätig sei.
In einem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz hat der Kläger vorgetragen, dass er für seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Ehefrau auf die von den Beklagten zu zahlende Abfindung angewiesen gewesen sei. Da er diese Abfindung nicht erhalten habe, sei er gezwungen gewesen, neben der Betreuung von Eckernförder Mandanten weiterhin im Rendsburger Raum als Rechtsanwalt tätig zu sein, um seinen Unterhalt zu sichern.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn nebst 8 % Zinsen seit dem 1. August 1999 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben geltend gemacht, dass dem Kläger gemäß § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag kein Abfindungsanspruch "Praxiswert" zustehe, weil er auch nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät weiterhin in Rendsburg als Rechtsanwalt gearbeitet habe und arbeite. Der Kläger habe sich beim Amtsgericht Eckernförde nur pro forma zulassen lassen, was aus einer Vielzahl von Indizien - diese haben die Beklagten im Einzelnen dargelegt - zu folgern sei.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger wegen Eingreifens der Ausschlussklausel § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag kein Abfindungsanspruch gemäß § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag zustehe. Der Ausschlusstatbestand § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag sei schon erfüllt, wenn der tatsächliche Schwerpunkt der weiteren Tätigkeit im Rendsburger Raum liege, und zwar unabhängig von der Frage der formalen Zulassung. Bei einer Gesamtschau der unstreitigen Umstände arbeite der Kläger als Rechtsanwalt schwerpunktmäßig in Rendsburg. Soweit der Kläger in einem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz auf eigene Existenzgefährdung hingewiesen habe, sehe es, das Landgericht, keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird und das dem Kläger am 1. Februar 2000 zugestellt worden ist, richtet sich die am 10. Februar 2000 bei Gericht eingegangene Berufung des Klägers, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. Juni 2000 mit am 9. Juni 2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger macht zunächst geltend, dass § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag rein formal zu verstehen sei, dass es also nur auf den Ort der Zulassung und nicht auf den tatsächlichen Schwerpunkt der Tätigkeit ankomme. Folge man dieser Auffassung, so stehe ihm ohne weiteres ein Abfindungsanspruch aus § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag zu. Sollte man aber § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag so verstehen, wie es das Landgericht angenommen habe, so verstießen die Beklagten gegen Treu und Glauben, wenn sie sich auf den Ausschlusstatbestand beriefen, da sie ihn durch Nichtzahlung der Abfindung, auf die er zur Sicherung seiner Existenz angewiesen gewesen sei, zu einer Tätigkeit als Rechtsanwalt in Rendsburg gezwungen hätten. Im Übrigen sei, folge man der Auffassung des Landgerichts zur Auslegung von § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag, die darin enthaltene Abfindungsregelung unwirksam. § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag beinhalte dann nämlich ein sachlich zu weitgehendes und damit gemäß § 138 BGB unwirksames Wettbewerbsverbot. Folge der Unwirksamkeit der Abfindungsregelung sei, dass eine Auseinandersetzung der BGB-Gesellschaft gemäß § 738 BGB erfolgen müsse; darauf ziele sein erster Hilfsantrag ab. Sollte aber § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag im Sinne des Landgerichts auszulegen sein, sollte § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag wirksam sein und sollte ein Eingreifen von § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag nicht aus Treu und Glauben zu verneinen sein, so stehe ihm ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des Sozietätsvertrages zu, da die Beklagten durch ihr Verhalten bewirkt hätten, dass der Ausschlusstatbestand des § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag eingreife, nämlich indem sie ihn zur Existenzsicherung gezwungen hätten, in Rendsburg als Rechtsanwalt tätig zu sein. Er verlange hilfshilfsweise Schadensersatz, und zwar einen Teilbetrag in Höhe von .
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten wie folgt zu verurteilen:
1. Hauptantrag
Zahlung von zzgl. 8 % Zinsen seit dem 1. August 1999 (Teilklage)
2. Hilfsantrag: Stufenklage
a) Aufstellung der Abschichtungsbilanz,
b) Zahlung der nach Vorlage der Abschichtungsbilanz zu beziffernden Abfindung gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe von 20 % (Teilklage),
3. weiterer Hilfsantrag:
Zahlung von nebst 8 % Zinsen seit dem 1. August 1999 als Schadensersatz (Teilklage),
und zwar jeweils hinsichtlich aller Anträge als Gesamtschuldner.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten machen geltend, dass eine Auslegung von § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag gemäß §§ 133, 157 BGB ergebe, dass es nicht auf die förmliche Niederlassung ankomme, sondern auf die tatsächliche anwaltliche Tätigkeit. Die in § 18 Abs. 1 b und Abs. 2 Sozietätsvertrag getroffenen Abfindungsvereinbarungen seien wirksam. Sie enthielten entgegen der Auffassung der Berufung kein Wettbewerbsverbot, sondern stellten den Ausscheidenden vor die Wahl, entweder den von ihm erarbeiteten good will und die Mandantenverbindungen weiter auszunutzen und auf die Abfindung zu verzichten oder auf das Ausnutzen des good will und der Mandantenbeziehungen zu verzichten und sich dafür die Abfindung zahlen zu lassen. Diese Regelung sei im Hinblick auf die Erfahrungen getroffen worden, die die Sozien beim Ausscheiden des B 1989 gemacht hätten. B habe nämlich seine Zulassung beim Amtsgericht Rendsburg behalten und im Bereich des Amtsgerichts Rendsburg weiterhin als Rechtsanwalt arbeiten und gleichwohl eine Abfindung kassieren wollen, was ihm letztlich trotz gerade vom Kläger nachdrücklich vertretener gegenteiliger Auffassung auch gelungen sei. Die Regelung in § 18 Abs. 1 b und Abs. 2 Sozietätsvertrag stelle einen gerechten Interessenausgleich dar und sei nicht wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB unwirksam.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Kläger kann von den Beklagten nicht gemäß § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag Zahlung von beanspruchen (1.). Der auf Aufstellung einer Abschichtungsbilanz gerichtete erste Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet (2.). Schließlich steht dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens (zweiter Hilfsantrag) gegen die Beklagten zu (3.).
1.
§ 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag bestimmt, dass dem ausscheidenden Sozius ein seinem Anteil am Gewinn und Verlust entsprechender Anteil am "Praxiswert", der in bestimmter Weise zu ermitteln ist, zusteht. § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag ist zwar wirksam (a.). Dem Kläger steht aber gemäß § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag kein Abfindungsanspruch zu (b.).
a.
Der Kläger beruft sich zweitinstanzlich darauf, dass die im Sozietätsvertrag enthaltene Abfindungsregelung betreffend Praxiswert unwirksam sei, weil sie ein zu weitgehendes und damit sittenwidriges Wettbewerbsverbot beinhalte.
Die Abfindungsregelung betreffend Praxiswert setzt sich aus zwei Abschnitten zusammen, nämlich der Grundsatzregelung in § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag und dem Ausnahmetatbestand in § 18 Abs. 2. Ein Wettbewerbsverbot könnte allenfalls § 18 Abs. 2 beinhalten. Eine Unwirksamkeit von § 18 Abs. 2 würde indes nicht auch zur Unwirksamkeit von § 18 Abs. 1 b führen. § 22 Sozietätsvertrag bestimmt nämlich, dass durch die Unwirksamkeit einer Bestimmung des Vertrages die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt werden soll.
b.
§ 18 Abs. 2 Satz 1 Sozietätsvertrag bestimmt, dass der Ausscheidende keine Beteiligung am Praxiswert erhält, wenn er sich innerhalb von drei Jahren nach seinem Ausscheiden innerhalb von 30 km Luftlinie um Rendsburg als Anwalt oder Notar "wiederlässt" oder bei einem Anwalt oder Notar als Angestellter oder freier Mitarbeiter tätig wird. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 Sozietätsvertrag gilt dies nicht für eine Tätigkeit in Kiel, Neumünster, Schleswig oder Eckernförde. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass bei dem Wort "wiederlässt" ein Schreibfehler unterlaufen ist und dass tatsächlich "niederlässt" gemeint ist. Die Regelung in § 18 Abs. 2 ist wirksam (aa.). Der Kläger hat den Tatbestand des § 18 Abs. 2 erfüllt (bb.). Die Beklagten handeln, indem sie sich auf § 18 Abs. 2 berufen, nicht treuwidrig (cc.).
aa.
§ 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag ist nicht wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB, dem allein in Betracht kommenden Unwirksamkeitsgrund, unwirksam.
Zunächst scheidet eine Sittenwidrigkeit wegen eines zu weitgehenden und damit unzulässigen Wettbewerbsverbotes aus. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind, da der Inhalt von § 138 BGB durch Art. 12 GG mitgeprägt wird, nur wirksam, wenn sie durch ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten gefordert werden und sich nach ihrem örtlichen, zeitlichen und gegenständlichen Umfang im Rahmen des Angemessenen halten (Palandt, BGB, 59. Aufl., § 138 Rdn. 104 m.w.N.). § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag enthält, worauf die Beklagten zu Recht hinweisen, kein Wettbewerbsverbot. § 18 Abs. 2 verbietet dem ausscheidenden Sozius keine Tätigkeit als Rechtsanwalt im Bereich Rendsburg, sondern bestimmt nur, dass der ausscheidende Sozius im Fall der formalen Zulassung im Bereich Rendsburg (so die Auslegung des Klägers) oder im Fall der tatsächlichen Tätigkeit als Rechtsanwalt im Bereich Rendsburg (so die Auslegung der Beklagten) innerhalb von drei Jahren nach Ausscheiden kein Abfindungsanspruch "Praxiswert" zusteht.
Weiter ergibt sich eine Sittenwidrigkeit auch nicht aus einem unzulässigen Abfindungsausschluss. Der völlige Ausschluss einer Abfindung für einen aus einer BGB-Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafter bedeutet regelmäßig einen Verstoß gegen die guten Sitten (MüKo, BGB, 3. Aufl., § 738 Rdnr. 35). Im Falle einer Beschränkung der Abfindung ist im Hinblick auf § 723 Abs. 3 BGB, nach dem das Kündigungsrecht eines Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft nicht ausgeschlossen werden kann, eine Sittenwidrigkeit zu bejahen, wenn die Abfindungsklausel geeignet ist, den kündigungswilligen Gesellschafter wegen der wirtschaftlich nachteiligen Folgen einer Kündigung zum Verzicht auf die Kündigungserklärung zu veranlassen. Eine solche Eignung ist regelmäßig zu bejahen, wenn zwischen wirklichem Anteilswert und vereinbartem Abfindungswert ein erhebliches Missverhältnis besteht (wie vor, Rdnr. 38 f.). Für die Kündigung einer Anwaltssozietät hat der Bundesgerichtshof trotz Abfindungsausschlusses ein erhebliches Missverhältnis verneint, wenn der durch Kündigung ausscheidende Rechtsanwalt das Recht hat, anteilig Mandate mitzunehmen und damit die Grundlage für seine weitere Existenz als Anwalt zu erhalten (BGH WM 79, 1064). Der Sozietätsvertrag sieht keinen unbedingten Ausschluss der Abfindung vor, sondern bestimmt diesen nur für den Fall, dass der ausscheidende Sozius weiter beim Amtsgericht Rendsburg als Rechtsanwalt zugelassen ist (so die Auslegung des Klägers) oder weiter im Bereich Rendsburg als Rechtsanwalt tätig ist (so die Auslegung der Beklagten). Diese vertragliche Regelung ist nicht geeignet, einen kündigungswilligen Gesellschafter von der Kündigung abzuhalten. Der ausscheidende Rechtsanwalt hat die Wahl, ob er die Abfindung "Praxiswert" in Anspruch nehmen oder weiterhin in Rendsburg als Rechtsanwalt tätig sein und damit die Verdienstmöglichkeiten ausschöpfen will, die sich durch seine bisherige Tätigkeit in der Sozietät ergeben (Mandantenstamm, good will). Er kann also in jedem Fall auf das Ergebnis seiner bisherigen Arbeit zugreifen, sei es in Form eines Anspruches gegen die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter oder sei es in Form der Ausnutzung eines geschaffenen Mandantenstammes/good will.
Erwägenswert ist allenfalls, ob die in § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag vorgesehene Zeitspanne von drei Jahren, während der der ausscheidende Sozius, der die Abfindung wählt, nicht als Rechtsanwalt in Rendsburg tätig sein darf, im Hinblick auf die in Art. 12 GG getroffene Wertentscheidung unangemessen lang und damit sittenwidrig ist. Bejaht man eine solche Sittenwidrigkeit in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Wettbewerbsverboten (BGH NJW 2000, 2584 f. m.w.N.), nach der Wettbewerbsverbote von über zwei Jahren gegen die guten Sitten verstoßen, so führt das zeitliche Übermaß wiederum in Anknüpfung an die genannte Rechtsprechung nicht zur Unwirksamkeit von § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag, sondern die Zeitspanne von drei Jahren ist lediglich im Wege geltungserhaltener Reduktion der Klausel auf das tolerable Maß von zwei Jahren zu kürzen.
bb.
Die Parteien streiten darüber, was mit der Formulierung in § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag "innerhalb von 30 km Luftlinie um Rendsburg als Anwalt oder Notar niederlässt" gemeint ist. Während der Kläger auf die formale Zulassung bei dem Amtsgericht Rendsburg abstellen will, halten die Beklagten die materielle Tätigkeit für maßgeblich. Wie § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag auszulegen ist, kann dahinstehen. Der Kläger hat den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag in jeder Auslegungsvariante erfüllt. Der Kläger ist unstreitig spätestens seit Juni 2000 - 1 1/2 Jahre nach Ausscheiden aus der Sozietät - wieder als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht Rendsburg zugelassen. Der Kläger arbeitet unstreitig jedenfalls ab März 1999 wieder schwerpunktmäßig als Rechtsanwalt in Rendsburg.
cc.
Das Argument des Klägers, dass er nur aufgrund des Verhaltens der Beklagten gezwungen gewesen sei, in Rendsburg schwerpunktmäßig als Rechtsanwalt zu arbeiten, und dass sich deshalb die Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag berufen könnten, greift nicht durch.
Versteht man § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag in dem vom Kläger befürworteten formalen Sinn, so verstößt ein Berufen auf § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag von vornherein nicht gegen Treu und Glauben. Sollte der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen, nämlich wegen Nichtzahlung der ihm zustehenden Honoraranteile gemäß § 18 Abs. 1 a Sozietätsvertrag und wegen fehlender anderer Mittel zum Bestreiten seines Lebensunterhalts, gezwungen gewesen sein, tatsächlich im Bereich Rendsburg als Rechtsanwalt tätig zu sein, so war er jedenfalls aus wirtschaftlichen Gründen nicht gezwungen, sich beim Amtsgericht Rendsburg wieder zulassen zu lassen. Er hat nach eigenem Vortrag auch ohne Zulassung beim Amtsgericht Rendsburg durch seine tatsächliche Anwaltstätigkeit in Rendsburg bis Juni 2000 genügend verdient, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er hat folglich den Wiederzulassungsantrag beim Amtsgericht Rendsburg gestellt, ohne dazu aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen gewesen zu sein.
Legt man § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag in der von den Beklagten für richtig gehaltenen Weise aus, so stellt sich ein Berufen auf § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag seitens der Beklagten ebenfalls nicht als treuwidrig dar. Die vom Kläger angeführte ausbleibende Abfindungszahlung gemäß § 18 Abs. 1 a Sozietätsvertrag (Honoraranteile) war entgegen seiner Darstellung nicht ursächlich dafür, dass er nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät wieder schwerpunktmäßig in Rendsburg als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Der Kläger räumt selbst ein, dass er ab März 1999 wieder schwerpunktmäßig in Rendsburg anwaltlich gearbeitet hat (Bl. 179 d.A. i.V.m. Bl. 185 d.A.). Die Abfindung "Honorare" war dagegen erst am 30. April 1999 fällig. § 18 Abs. 1 g Sozietätsvertrag bestimmt nämlich, dass die Abfindung "Honorare" binnen drei Monaten nach Ausscheiden zu zahlen sei; der Kläger ist unstreitig zum 31. Januar 1999 aus der Sozietät ausgeschieden. Im Übrigen trägt der Kläger selbst vor, dass ehemals gemeinsame Mandanten ihn nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät gesucht und in Eckernförde gefunden hätten (Bl. 336 d.A.). Dass er trotz dieser ihm "treuen" Mandanten nicht genügend für seinen Lebensunterhalt verdient hätte, wenn er ab März 1999 statt in Rendsburg in Eckernförde schwerpunktmäßig als Rechtsanwalt tätig gewesen wäre, hat der Kläger nicht substantiiert unter Benennung von Beweismitteln dargelegt.
2.
Der Kläger kann von den Beklagten nicht gemäß § 738 BGB das Aufstellen einer Abschichtungsbilanz verlangen. Dies wäre, wie der Kläger selbst einräumt, nur der Fall, wenn die Abfindungsregelung in § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag unwirksam wäre. § 18 Abs. 1 b Sozietätsvertrag ist indes, wie bereits oben unter 1. a. ausgeführt worden ist, wirksam.
3.
Dem Kläger steht schließlich kein Schadensersatzanspruch in Höhe von gegen die Beklagten zu. Der Kläger macht hilfshilfsweise geltend, dass die Beklagten ihm Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung schuldeten, weil sie ihn gezwungen hätten, in Rendsburg als Rechtsanwalt tätig zu sein, und weil sie so erreicht hätten, dass der Abfindungsausschlussklausel § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag eingreift. Genau gesehen beruft sich der Kläger darauf , dass die Beklagten ihn durch die Nichtzahlung der Abfindung "Honorare" genötigt hätten, als Rechtsanwalt in Rendsburg zu arbeiten, um die für seinen Lebensunterhalt nötigen Mittel zu verdienen. Die danach allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 286 BGB und nicht positive Vertragsverletzung. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 286 BGB ist nicht gegeben. Der etwaige Verzug der Beklagten mit der Zahlung der Abfindung "Honorare" war nicht ursächlich dafür, dass der Kläger den Abfindungsausschlusstatbestand § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag erfüllt hat. Versteht man § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag formal wie der Kläger, so liegt die Tatbestandserfüllung darin, dass sich der Kläger wieder in Rendsburg als Rechtsanwalt hat zulassen lassen. Dazu war er, wie bereits oben ausgeführt worden ist, aus wirtschaftlichen Gründen auf keinen Fall gezwungen, denn er hätte seine tatsächliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in Rendsburg ungeachtet der fehlenden Zulassung beim Amtsgericht Rendsburg fortsetzen können. Versteht man § 18 Abs. 2 Sozietätsvertrag materiell wie die Beklagten, so ist darauf zu verweisen, dass der Kläger schon wieder schwerpunktmäßig in Rendsburg als Rechtsanwalt tätig war, als die Abfindung "Honorare" noch gar nicht fällig war (siehe oben).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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